Den ehrenamtlichen Feuerwehrleuten aus Leer bot sich im April 2024 eine einmalige Gelegenheit auf dem Kirchplatz: Das Pfarrheim und das ehemalige Pastorat waren dem Abriss geweiht. Brandinspektor Marcus Bernemann und Oberbrandmeister Leonard Bienbeck ergriffen die Gelegenheit beim Schopf: Mit Unterstützung der Kirchengemeinde St. Gertrudis Horstmar wurde das ehemalige Pastorat kurzerhand zum Übungsobjekt erklärt.
Angenommene Lage war ein ausgedehnter Wohnungsbrand im ersten Obergeschoss des Pastorats: Während es in zwei Räumen brannte, wurden bis zu drei Personen vermisst.
Am Montag, den 22. Apil 2024 begann die Übung um Punkt 19:30 Uhr am Feuerwehrgerätehaus Leer. Von dort benötigten die drei Löschfahrzeuge kaum eine Minute zum Kirchplatz. Als erstes traf das Löschgruppenfahrzeug 20 (LF 20) ein.
Dessen Einheitsführer war an diesem Abend Brandoberinspektor Sebastian Robers, der nun auch Einsatzleiter des Übungseinsatzes war. Über Funk hatte er die Information erhalten, dass an der Adresse des brennendes Wohngebäudes drei Personen gemeldet waren. Während er sich vor Ort ein Bild von der Lage machte, ließ er die achtköpfige Fahrzeugbesatzung alles Nötige für die schnelle Menschenrettung vorbereiten: Zwei Trupps rüsteten sich bereits auf der Anfahrt mit Atemschutzgeräten aus, um das Gebäude schnellstmöglich betreten zu können. Die übrigen Kräfte sorgten für eine Verkehrsabsicherung, starteten die Pumpe und bereiteten Schläuche und Strahlrohre für den Löschangriff vor.
Die Erkundung ergab, dass auf dem Balkon auf der Gebäuderückseite eine scheinbar bewusstlose Person lag. Eine zweite Person stand im ersten Obergeschoss an der Gebäudevorderseite, während es im Nebenraum so heftig brannte, dass das Fenster bereits geborsten war. Über die dritte Person, die an der Adresse gemeldet war, konnten zu diesem Zeitpunkt noch keine Angaben gemacht werden. Glücklicherweise gab es einen Schlüssel zum Gebäude, sodass ein Aufbrechen der Tür nicht erforderlich war.
Während die Mannschaft des Löschgruppenfahrzeugs 8 (LF 8) die Wasserversorgung über den nächstgelegenen Hydranten vorbereitete, wurde zusammen mit den Kräften des Tanklöschfahrzeugs (TLF) die Menschenrettung über zwei tragbare Leitern eingeleitet. Die Personen auf der Gebäudevorderseite sowie auf dem rückwärtigen Balkon konnten so in kurzer Zeit ins Freie gebracht bzw. erstversorgt und gerettet werden. Durch einen sogenannten Fensterimpuls, eine kurze Abgabe von Löschwasser von außen in den Brandraum, wurde das Feuer eingedämmt.
Weil der Verbleib der dritten gemeldeten Person noch ungeklärt war, gingen zeitgleich mehrere Trupps unter Atemschutz in das Gebäudeinnere vor. Ausgerüstet mit Hohlstrahlrohr, Axt, Spezial-Brechstange und Wärmebildkamera lautete ihr Auftrag "Menschenrettung". Dabei wurde ein Vorgehen angewendet, das seit einigen Jahren in der Aus- und Fortbildung der Führungskräfte vermittelt wird: Brandbekämpfung zur Menschenrettung. Die Feuerwehrleute begeben sich dabei auf direktem Wege zum gefährlichsten Ort im brennenden Gebäude, dem Brandherd. Dabei lassen sie geschlossene Türen aber zunächst geschlossen, um die Luft in den dahinterliegenden Räumen nicht durch den eindringenden Brandrauch zu vergiften. Sobald sie auf eine Person stoßen, wird diese umgehend gerettet; andernfalls wird der Brandherd kurz, aber kräftig abgelöscht, um anschließend eine sorgfältige Personensuche in alle offnenen, dann in allen geschlossenen Räumen durchzuführen.
Beim Übungseinsatz am Montagabend blieb es glücklicherweise bei den zwei bereits geretteten Personen. Nachdem das Feuer unter Kontrolle war und die Räumlichkeiten mit Hilfe eines Lüfters rauchfrei gemacht worden waren, konnten alle Geräte zurückgenommen werden.
Zum Abschluss dankten die Feuerwehrleute der Jugendfeuerwehr, die zwei ihrer Mitglieder als Darsteller für die vermissten Personen zur Verfügung gestellt hatte.
Text + Fotos: Bienbeck